Steuererklärung Kleinunternehmer und Kleingewerbetreibende
Die gewerbliche Steuererklärung kann für Selbstständige und insbesondere für frische Gründer herausfordernd und zeitintensiv sein. Es gibt Fragen über Fragen zu klären: Ist mein Unternehmen ein Kleinunternehmen oder ein Kleingewerbe? Welchen Unterschied macht das für die Steuererklärung? Was muss ich unbedingt beachten und wie kann ich die Steuer einfacher machen? Wir haben mit Steuerexperte Julian Dienlenhein gesprochen und bringen Licht ins Dunkel.
Über den Autor:
Julian Dielenhein
Bilanzbuchhalter IHK / Geschäftsführer
Miriam: Hallo Julian! Die meisten von uns haben mit Sicherheit schon mal eine Steuererklärung als Privatperson gemacht und kennen sich mit diesem Prinzip daher mehr oder weniger aus. Inwiefern unterscheidet sich diese Einkommenssteuererklärung von der gewerblichen Steuererklärung, die Unternehmen machen müssen?
Julian: Kurz gesagt ist das die Anlage G für Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Wenn man gewerbliche Einkünfte erzielt, ist diese zwingend auszufüllen. Außerdem ist man dann zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet, was man unter Umständen nicht ist, wenn man lediglich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit hat. Wenn man sich dann als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer dazu entschließt, eine Steuererklärung abzugeben, gibt es keinen Unterschied im Formular oder beim Vorgehen im Rahmen der Steuererklärung.
Bei Arbeitnehmer:innen behält der/die Arbeitgeber:in monatlich die Lohnsteuer, den Solidaritätszuschlag und ggf. die Kirchensteuer ein. Die Lohnsteuer und Einkommensteuer ist hier gleichzusetzen. Das heißt, die notwendigen Steuern wurden bereits durch den/die Arbeitgeber:in bezahlt und im Rahmen der Einkommensteuererklärung wird es nicht zu einer Nachzahlung, sondern in der Regel zu einer Erstattung für den/die Arbeitnehmer:in kommen.
In bestimmten Konstellationen kann es allerdings trotzdem eine Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung geben. Dies ist unter anderem der Fall, wenn folgende Sachverhalte eintreten:
Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer hat:
Gerade der erste Punkt wird viele treffen, die durch die COVID-19 Pandemie in Kurzarbeit gehen mussten. Hier wird es zu Nachzahlungen im Rahmen der Einkommensteuererklärung kommen.
Miriam: Nun geht es hier ja in erster Linie um die Steuererklärung für Kleinunternehmen.
Wann wird man denn als solches angesehen und was ist der Unterschied zum Kleingewerbe?
Julian: Der Begriff Kleinunternehmer kommt aus dem Umsatzsteuergesetz. Demnach hat ein sogenannter Kleinunternehmer oder Kleinunternehmerin nach § 19 UstG keine Umsatzsteuer auszuweisen und auch nicht an das Finanzamt abzuführen. Im Umkehrschluss darf dann aber auch keine Vorsteuer geltend gemacht werden. Um von dieser Regelung Gebrauch zu machen, darf der Umsatz im Vorjahr 22.000 Euro und im laufenden Jahr 50.000 Euro nicht übersteigen. Dies ist erstmalig bei der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung zu erklären und wird jährlich neu betrachtet. Man kann auf diese Regelung verzichten und trotz niedriger Umsätze zur Regelbesteuerung optieren. Dann verpflichtet man sich aber mindestens für 5 Jahre dazu. Dies kann am Anfang bei großen Investitionen Sinn machen, um die Vorsteuererstattung zu bekommen, zum Beispiel bei der Anschaffung einer Photovoltaikanlage.
Als Kleingewerbe bezeichnet man ein Gewerbebetrieb mit eingeschränktem Geschäftsumfang, der kein Kaufmann oder keine Kauffrau im Sinne des Handelsgesetzbuchs (HGB) ist. Kleingewerbetreibende werden normal nicht in das Handelsregister eingetragen, sind nicht zur doppelten kaufmännischen Buchführung verpflichtet, erstellen keine Bilanz und unterliegen nicht den HGB-Vorschriften. Im letzten Interview mit Anna bin ich kurz auf dieses Thema eingegangen, denn theoretisch gelten die Vorschriften für die Kassenführung ebenfalls nur eingeschränkt.
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass in den meisten Fällen beispielsweise ein Kleinunternehmer, der gewerbliche Einkünfte erzielt, auch ein Kleingewerbetreibender ist. Umgekehrt muss das keinesfalls stimmen, denn Kleingewerbetreibende können durchaus die umsatzsteuerlichen Kleinunternehmergrenzen überschreiten.
Wer gewerbliche Einkünfte erzielt und nicht durch die gewählte Rechtsform des Kaufmanns nach HGB ist, kann eine Gewinnermittlung nach einer Einnahmenüberschussrechnung erstellen und betreibt somit ein Kleingewerbe. Wenn in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren mehr als 600.000 Euro Umsatz oder 60.000 Euro Jahresüberschuss erzielt werden, ist man verpflichtet, eine Bilanz zu erstellen. Ab diesem Zeitpunkt gilt man nicht mehr als Kleingewerbe.
Land- und Forstwirtschaftsbetriebe oder Selbstständige (beispielsweise Steuerberater und Ärzte) können als Kleinunternehmen gelten, aber erzielen keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb und sind daher keine Kleingewerbetreibenden.
Miriam: Worin unterscheidet sich die Steuererklärung eines Kleinunternehmens von der eines Kleingewerbes? Welche Vorteile hat man bei der Steuererklärung, wenn man sich als Kleinunternehmen anmeldet?
Julian: Wenn man über Kleinunternehmen redet, befinden wir uns im Umsatzsteuergesetz. Die Umsatzsteuererklärung und auch das unterjährige Handling für Kleinunternehmen ist weniger komplex als für Unternehmen mit der Regelbesteuerung.
Verpflichtende monatliche oder vierteljährliche Abgaben von Umsatzsteuervoranmeldungen für Unternehmen mit der Regelbesteuerung fallen für Kleinunternehmer weg und machen die laufende Arbeit einfacher. Das ist ganz klar der Vorteil als Kleinunternehmen. Dazu kommt, dass man Geld sparen kann, wenn man seine Waren oder Dienstleistungen an Privatleute verkauft, denn die 19% Umsatzsteuer, die ein Unternehmen mit der Regelbesteuerung an das Finanzamt abführen muss, entfallen. Bei Waren relativiert sich das etwas, weil man beim Einkauf auch keine Vorsteuer ziehen kann. Bei einer Dienstleistung an Privatleute kann sich das aber bemerkbar machen.
Wenn wir über Kleingewerbe reden, befinden wir uns bei der Ertragssteuer, sprich der Einkommensteuer. Kleingewerbetreibende ermitteln den Jahresüberschuss mit einer Einnahmenüberschussrechnung. Dies ist weniger aufwendig als die Erstellung einer Bilanz. Das Kleinunternehmen, das zugleich gewerbliche Einkünfte bezieht, fällt wie oben bereits erwähnt, unter das Kleingewerbe und ist somit auch verpflichtet eine Einnahmenüberschussrechnung zu erstellen.
Miriam: Gibt es für die Steuererklärung für Kleinunternehmen eine einheitliche Frist, die eingehalten werden muss?
Julian: Generell ist eine Steuererklärung bis zum 31.07. des Folgejahres abzugeben. Diese Frist gilt für alle Steuererklärungen. Beauftragt man einen/eine Steuerberater:in mit der Abgabe der Steuererklärung, verlängert sich die Frist bis Ende Februar des übernächsten Jahres.
Wenn man nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist und seine Einkommensteuererklärung freiwillig abgeben möchte, kann dies vier Jahre rückwirkend gemacht werden. In 2021 kann also die Steuererklärung für die Jahre 2017 bis 2020 eingereicht werden.
Auf der FAQ Seite "Corona" des Bundesfinanzministeriums, sind alle Fragen zum Thema Steuern in der Coronazeit beantwortet.
Für Steuerpflichtige, die keine Unterstützung von einem Steuerberater bekommen, verlängert sich die Abgabefrist für die Einkommenssteuererklärung 2020 bis zum 31.10.2021.
Steuerpflichtige die für ihre Steuererklärung einen Steuerberater beauftragen, haben bis zum 31.05.2022 Zeit diese abzugeben.
Land- und Forstwirte sind von dieser Fristverlängerung nicht betroffen.
Miriam: Du hast jetzt oft von verschiedenen Steuererklärungen gesprochen. Was ist denn der Unterschied zwischen der Gewerbesteuererklärung, der Einkommenssteuererklärung, der Umsatzsteuererklärung und der Körperschaftsteuererklärung? Und wann müssen Kleingewerbetreibende welche Steuererklärung(en) einreichen?
Julian: In der Einkommensteuererklärung werden die verschiedenen Einkünfte von natürlichen Personen erklärt – egal ob als Arbeitnehmer, Gewerbetreibender, Landwirt, Rentner oder Vermieter.
Die Einkommensteuererklärung der juristischen Personen ist die Körperschaftsteuererklärung. GmbHs, Aktiengesellschaften aber auch Vereine oder Genossenschaften müssen hiermit Ihre Einkünfte versteuern.
Die Umsatzsteuererklärung muss von allen umsatzsteuerlichen Unternehmern zusätzlich zu den beiden oben genannten Steuererklärungen abgegeben werden.
Alle Gewerbetreibenden müssen außerdem eine Gewerbesteuererklärung abgeben, in der die Gewerbesteuer ermittelt und festgesetzt wird.
Es ist also üblich, dass Kleingewerbetreibende sowohl eine Einkommensteuer- als auch Umsatzsteuer- und Gewerbesteuererklärung abgeben müssen.
Für Kleinunternehmen wird die Umsatzsteuer nicht berechnet, weswegen eine stark verkürzte Umsatzsteuererklärung abzugeben ist. Die Gewerbesteuererklärung und die Einkommenssteuererklärung werden, wie gewohnt, vollständig abgegeben.
Für Kleingewerbetreibende ist es üblich, sowohl eine Einkommensteuer-, als auch Umsatzsteuer- und Gewerbesteuererklärung abgeben zu müssen.
Verkürzte Umsatzsteuererklärung für Kleinunternehmer, da kein Ausweis von Umsatzsteuer und keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug möglich ist.
Miriam: Welche Belege muss ich für die Steuererklärung(en) vorbereiten und mit einreichen?
Julian: Es müssen mittlerweile keine Belege mehr eingereicht werden. Das Finanzamt fordert diese bei Bedarf gezielt an. Welche Unterlagen vorbereitet werden müssen, kann man nicht pauschal beantworten. Im Idealfall keine, weil alle Informationen in der laufenden Buchhaltung ordnungsgemäß enthalten sind. Grundsätzlich gilt der Grundsatz „Keine Buchung ohne Beleg“ nach wie vor, sodass alle Unterlagen vollständig vorhanden sein müssen.
Miriam: Sollten Kleingewerbetreibende die Steuererklärung lieber von einem Steuerberater machen lassen, oder es selbst tun?
Julian: Diese Frage möchte ich gerne mit einer Gegenfrage beantworten: Wenn dein Blinddarm entzündet ist: Operierst du dich dann selber? Oder der Motor deines Autos defekt ist: Tauschst du diesen dann selbst aus?
Wenn man die Unterlagen von einem Steuerberater erledigen lässt, kostet das definitiv mehr Geld, als wenn man die Steuererklärung selber macht. Allerdings kostet es immer Geld, wenn man Spezialisten beauftragt. Die wenigsten machen sich selbstständig, weil sie das Steuerrecht von oben bis unten kennen und sich jährlich mit den Neuerungen befassen.
Trotzdem kann man natürlich Geld sparen, indem man die Unterlagen vollständig und gut strukturiert hat. Ich hoffe die Zeiten, in denen man mit einem Schuhkarton zum Steuerberater geht, sind bald vorbei.
Das fängt bei einer ordnungsgemäßen Rechnungsschreibung an und geht mit der Kassenführung weiter. Hier kann man sich natürlich mit digitalen Lösungen das Leben leichter machen und sich absichern. Die Daten werden an einer Stelle verarbeitet und dann entweder monatlich, vierteljährlich oder jährlich an den Steuerberater übermittelt. Das reduziert die Arbeit des Steuerberaters und minimiert somit die Kosten.
Eine ordnungsgemäße Rechnungsschreibung und Kassenführung sind wichtige Aspekte, um die Zusammenarbeit mit dem/der Steuerberater:in und die dahinterliegenden Kosten zu optimieren. Hier kann man sich natürlich mit digitalen Lösungen, wie zum Beispiel dem VR Smart Guide, das Leben leichter machen und sich absichern. Die Daten werden an einer Stelle verarbeitet und dann entweder monatlich, vierteljährlich oder jährlich an den/die Steuerberater:in übermittelt.
Miriam: Da Kleingewerbetreibende keine Steuern im Voraus zahlen müssen, kann es dazu kommen, dass ihnen am Ende des Jahres eine hohe Nachzahlungssumme bevorsteht.. Wie kann man im Voraus erfahren, wie hoch die Steuernachzahlung sein wird?
Julian: Wenn Kleingewerbetreibende bei Beginn der Selbstständigkeit keine Einkommensteuer im Voraus zahlen, kann dies im Nachhinein teuer werden
Ein Beispiel: Die Steuererklärung 2018 wird im Februar 2020 von demSteuerberater abgegeben. Die Steuererklärung wird dann im Juni 2020 veranlagt. Fiktive Steuerlast für das Jahr 2018 = 10.000 Euro.
Im Jahr 2018 wird keine Steuererklärung abgegeben. Die Steuerlast auf den Gewinn, der in 2018 erzielt wurde, ist erst in 2020 fällig nach Abgabe der Steuererklärung.
Der gleiche Betrag, der für 2018 festgesetzt wird, wird als Vorauszahlung für 2019 angesetzt. Dieser Betrag ist jedoch ebenfalls erst in 2020 nach der Veranlagung als nachträgliche Vorauszahlung für 2019 fällig.
Die gesamten Steuern aus 2018, sowie die Vorauszahlung für 2019 und dem ersten Halbjahr 2020 werden fällig. Somit müssen 25.000 Euro an das Finanzamt entrichtet werden.
Das kann man vermeiden, indem man bei der Gewerbeanmeldung mit seinem Steuerberater den Jahresüberschuss in dem Fragebogen zur steuerlichen Erfassung realistisch schätzt und somit von Beginn an Vorauszahlungen leistet.
Es empfiehlt sich durchaus, vorsichtig zu schätzen, damit keine Vorauszahlungen auf Gewinne bezahlt werden, die das Unternehmen nicht macht. Andernfalls kann es dazu kommen, dass die Liquidität unterjährig strapaziert wird.
Es kann durchaus auch Sinn machen, unterjährig die Buchhaltung von seinem Steuerberater erstellen zu lassen, auch wenn man dazu nicht verpflichtet ist. So können die oben beschriebenen Nachzahlungen vermieden werden. Der Steuerberater kann die Vorauszahlungen jederzeit anpassen lassen.
Über den Autor:
„Als neues Mitglied des VR Smart Guide Teams bin ich jede Woche wieder gespannt zu sehen, was auf mich zukommt. Die Erstellung von Content auf Social Media und der Website bietet täglich neue Herausforderungen und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten. Durch meinen geisteswissenschaftlichen Hintergrund, ist mir die Kommunikation mit den Nutzer:innen sehr wichtig. Da ich selbst noch sehr neu in der Finanzwelt bin, merke ich immer mehr, wie schwierig das Verwalten und Managen der eigenen Finanzen sein kann, und wie wichtig es ist den Nutzer:innen eine klare Übersicht zu geben. Ich hoffe sehr, dass ich mit meiner Arbeit zukünftigen Unternehmern den Einstieg in den Finanzalltag erleichtern kann.“
Es gibt viele Hinweise und How-Tos, die dir dabei helfen wollen, erfolgreich zu gründen. Wir geben dir Tipps & Tricks – von der Rechform bis zur Steuerklärung, die dich in deiner Neugründung unterstützen.
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